Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment Read online




  Inhalt

  Titel

  Zu diesem Buch

  Widmung

  Motto

  1. Kapitel

  2. Kapitel

  3. Kapitel

  4. Kapitel

  5. Kapitel

  6. Kapitel

  7. Kapitel

  8. Kapitel

  9. Kapitel

  10. Kapitel

  11. Kapitel

  12. Kapitel

  13. Kapitel

  14. Kapitel

  15. Kapitel

  16. Kapitel

  17. Kapitel

  18. Kapitel

  19. Kapitel

  20. Kapitel

  21. Kapitel

  22. Kapitel

  23. Kapitel

  24. Kapitel

  25. Kapitel

  26. Kapitel

  27. Kapitel

  28. Kapitel

  29. Kapitel

  30. Kapitel

  31. Kapitel

  32. Kapitel

  33. Kapitel

  Playlist

  Komplette Liedtexte

  Die Autorin

  Die Romane von Julie Johnson bei LYX

  Impressum

  JULIE JOHNSON

  Faded

  DIESER EINE MOMENT

  Roman

  Ins Deutsche übertragen

  von Anika Klüver

  Zu diesem Buch

  Felicity Wilde hatte nicht vor sich zu verlieben. Als sie mit nichts außer einem gefälschten Ausweis, ihrer alten Gitarre und ihren Songtexten in Nashville ankommt, will sie nur eins: so unauffällig wie möglich bleiben und sich ein unentdecktes neues Leben aufbauen. Aber sie hat nicht mit Ryder Woods gerechnet. Der stadtbekannte Musiker zieht sie vom ersten Moment an in seinen Bann. Seine Blicke durchbrechen die Schutzmauern, die sie errichtet hat, und seine Stimme weckt Gefühle in ihr, die sie noch nie zuvor gespürt hat. So sehr Felicity auch versucht, diese Empfindungen zu unterdrücken, fasziniert Ryder sie bei jeder Begegnung mehr. Und schließlich können die beiden nicht anders, als der Anziehung zwischen ihnen nachzugeben. Was folgt sind die glücklichsten Tage in ihrem Leben. Doch als sich Ryders Traum erfüllt und er endlich einen Plattenvertrag angeboten bekommt, scheint ihre gemeinsame Zeit zu einem plötzlichen Ende zu kommen. Denn ein Leben im Rampenlicht an Ryders Seite ist für Felicity eigentlich unmöglich …

  Für die Flammen,

  die sich weigern zu verlöschen.

  Brennt weiter.

  Man braucht nur einen einzigen Funken,

  um ein Lauffeuer zu entfachen.

  Ein Himmel voller Sterne, und er hatte nur Augen für sie.

  Atticus

  1. KAPITEL

  Felicity

  Die Rolling Stones hatten recht, als sie »You can’t always get what you want« sangen, denn man bekommt tatsächlich nicht immer, was man will.

  Ich wollte nie berühmt sein.

  Ich wollte das alles nicht.

  Ich wollte einfach nur entkommen. Verschwinden. Mich von diesem Höllenfeuer befreien, in dem ich mich achtzehn Jahre lang damit abgemüht hatte, durch die schlimmsten Flammen zu gehen, ohne vollständig zu verbrennen.

  Als ich mit meiner gebrauchten Gitarre in ihrem abgenutzten Koffer und einem Notizbuch voller hingekritzelter Liedtexte, die ich mir direkt aus der Seele gerissen hatte, in Nashville eintraf, hatte ich große Hoffnungen und Pläne. Ich hatte keine Ahnung, dass ich, nicht mal ein Jahr nachdem ich aus diesem Bus gestiegen war, mit einem gebrochenen Herzen und leeren Händen dastehen würde, weil die ganze Welt um mich herum in sich zusammengestürzt war.

  Eigentlich stimmt das nicht ganz.

  Meine Hände waren nicht leer, als sich meine Bedürfnisse in Wünsche verwandelten und meine Hoffnungen zu Fantasien verblassten. Ich hielt die zerbrochenen Stücke meines Herzens in den Fingern, und auf meiner Handfläche lagen die zerfetzten Überreste meiner Träume. Ich versuchte verzweifelt, sie zusammenzuhalten. Aber es war zu spät. Träume werden aus zerbrechlichem Glas gesponnen und bekommen leicht Risse. Ein paar achtlose Worte können sie so sehr zerbrechen, dass man sie nicht mehr reparieren kann.

  Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt: In dieser Geschichte geht es nicht darum, dass ich bekommen habe, was ich wollte.

  Denn ich wollte Ryder Woods nie.

  Ich brauchte ihn.

  Wie eine Melodie die Harmonie, der Rhythmus das Tempo, ein Akkord eine Tonart braucht. Er nahm mich mehr für sich ein, als es den Noten, die durch meine Adern flossen, oder den Texten, die in meinem Kopf herumschwammen, je gelang.

  Selbst nachdem er jedes schmerzende Stück meines Herzens genommen und sie alle zwischen seinen nikotinverfärbten Fingern zu Staub zerquetscht hatte.

  Ich war dumm genug zu denken, dass ich ihn nie wiedersehen würde. Dumm genug zu denken, dass das Schicksal genug davon hatte, mit mir zu spielen. Dass ich mir nach der Hölle, die ich seinetwegen bereits durchlebt hatte, ein wenig Erholung von der Trostlosigkeit verdient hätte, die damit einherging, ihn zu lieben … und ihn dann zu verlieren.

  Nach zwei langen Jahren ohne die Berührung seiner Fingerknöchel an meiner Wange oder den Kuss seines stoppeligen Kinns an meiner Haut oder den Klang seiner rauen Stimme an meiner empfindlichen Ohrmuschel, war ich dumm genug zu glauben, dass ich ihn endlich aus meinem System gespült hätte und von seinem Einfluss geheilt wäre wie bei einer tödlichen Krankheit, die man überstanden hat.

  Ich hätte wissen sollen, dass es keine Heilung gab.

  Ryder Woods zu lieben war wie eine lebenslange Freiheitsstrafe.

  Wie eine tödliche Krankheit.

  Und als er schließlich in mein Leben zurückkehrte … mag er die letzte Person gewesen sein, die ich je wiedersehen wollte … aber wie ich nun schon zum wiederholten Mal gesagt habe …

  Was ich wollte, hat nie eine Rolle gespielt.

  Nicht wenn es um ihn geht.

  Zwei Jahre zuvor

  Der Bus wirbelt eine Staubwolke auf, während er davonfährt und dabei lauter grummelt als mein Magen – was wirklich was heißen will, denn das Einzige, was ich heute zu mir genommen habe, war ein fades Sandwich mit Erdnussbutter und Marmelade, das halb zerquetscht war, weil ich mich während der sechsstündigen holprigen Fahrt versehentlich draufgesetzt hatte.

  Ich schaue dem Bus hinterher, bis er aus meinem Sichtfeld verschwindet und ich allein auf der leeren Straße zurückbleibe. Es ist mitten am Nachmittag, und hier ist weit und breit kein Mensch unterwegs. Die Lichter von Nashvilles berühmten Musik-Kneipen sind gedimmt – wenn auch nur für ein paar Stunden –, während die Touristen ihre Kater auskurieren und ihren Lebern ein wenig Ruhe gönnen, um sich auf eine weitere Nacht in der Stadt vorzubereiten. Unter der grellen Mittagssonne ist die Stadt der Musik vorübergehend ruhig geworden. Die Musiker, die hier wohnen, sind zu Hause und proben für den nächsten Auftritt, bei dem sie an einem weiteren Abend auf einer weiteren Bühne weitere Lieder singen werden, die sie nicht geschrieben haben, während das Publikum vor lauter Trunkenheit kaum noch in der Lage sein wird, ihnen zuzuhören.

  Ich weiß, dass die Ruhe nur vorübergehend ist. Sobald das Licht der Sonne wie die Flamme einer ausgebrannten Kerze verlischt und der Abend hereinbricht, wird dieser Ort wieder voller blinkender Neonschilder sein, die sich hell in den vom Whiskey glasigen Augen der Leute spiegeln. Nashville ist wie Disneyland für Erwachsene, eine Ansammlung von Junggesellinnenabschieden, die bevorstehende Ehen feiern, und unglücklichen Hausfrauen, die vor monotonen Ehen fliehen. Hier träumen hoffnungsvolle Sänger von ihrem g
roßen Durchbruch, und gescheiterte Stars schwelgen in Erinnerungen an den Tag, an dem sie den ihren erlebten.

  Es ist eine Art Weltflucht, zu der immer wieder das gleiche Countrylied gespielt wird. Eine Schmerztablette, die man mit einem Mimosa hinunterspült. Ein Ort, an dem Träume geboren werden und an den sie auch gehen, um begraben zu werden. Ein Ort, an dem die Musik als Hintergrundgeräusch auf die Straße hinausschwappt oder einem unter die Haut geht und sich in der Seele einnistet.

  Es heißt, dass man entweder für einen einzigen Abend nach Nashville kommt oder ein Leben lang hierbleibt. Leute von außerhalb verlassen die Stadt mit nichts weiter als verschwommenen Erinnerungen an die Bars auf dem Lower Broad und Blasen an den Füßen, die sie ihren funkelnagelneuen Cowboystiefeln verdanken, die sie nie wieder tragen werden, sobald sie nach Hause kommen und in ihr echtes Leben zurückkehren. Wenn man dumm genug ist, länger als ein Wochenende zu bleiben, geht man das Risiko ein, deutlich größeren Schaden davonzutragen … und zwar nicht nur in Bezug auf Füße und Leber.

  Man schadet seiner Seele.

  Ich umklammere den rissigen Griff meines Gitarrenkoffers ein wenig fester, seufze tief und drehe mich zu dem Gebäude hinter mir um. Abseits des ausgetretenen Broadways ist es etwas weniger augenfällig und prahlerisch als in Tootsies berühmter Orchid Lounge oder dem ausladenden, sich über mehrere Stockwerke erstreckenden Legends Corner, wo unaufhörlich Livemusik aus den Fenstern tönt. Es liegt mehrere Blocks von der Touristenzone entfernt versteckt in einer Seitenstraße. Von den schwarzen Ziegeln der Außenwände blättert die Farbe ab. Das Gebäude bräuchte dringend einen frischen Anstrich. Die Fenster sind dunkel und schmutzig. Über meinem Kopf ragt ein frei hängendes Schild in die Luft, auf dem in verblassten goldenen Buchstaben The Nightingale steht.

  Ehrlich gesagt sieht der Laden wie eine Spelunke aus.

  Aber gutes Aussehen ist nicht alles. Ich habe festgestellt, dass es sich damit wie mit den meisten Dingen im Leben verhält: Die inneren Werte sind sehr viel wichtiger als eine hübsche äußere Fassade. In Nashville gibt es keinen Ort, der mehr dafür bekannt ist, musikalisches Talent anzulocken. Genau in diesem Moment kann ich mindestens fünf Künstler in den Top Einhundert der Charts aufzählen, die hier, in den Räumlichkeiten dieser unscheinbaren kleinen Spelunke, entdeckt wurden.

  Ich straffe die Schultern und strecke eine Hand nach der Türklinke aus. Halb rechne ich damit, dass die Tür fest verschlossen ist, doch sie gibt unter meinem Griff problemlos nach, schwingt auf und gibt den Blick auf eine düstere Bar frei. Ich trete ein, bevor ich einen Rückzieher machen kann. Ich blinzle, während sich meine Augen darum bemühen, sich an das plötzliche Halbdunkel anzupassen.

  »Hallo?«, rufe ich und mache ein paar zögerliche Schritte über die Schwelle. »Ist hier jemand?«

  Niemand antwortet. Ich gehe an einer verlassenen Empfangstheke vorbei und um mehrere hohe Bartische herum, deren Oberflächen von jahrelanger Benutzung zerkratzt und ramponiert sind. Ein Trio aus Deckenscheinwerfern beleuchtet die Bühne, die sich mir gegenüber befindet, und erhellt ein Meer aus wirbelnden Staubpartikeln in den durchbrochenen Schatten. Ich werde davon angezogen wie eine Motte vom Licht. Bevor mir richtig bewusst wird, was ich tue, habe ich den Raum durchquert und den Rand der erhöhten Plattform erreicht, auf der ein einzelner Hocker neben einem Mikrofonständer steht.

  Meine Finger zittern, als ich eine Hand ausstrecke und über die kühle Oberfläche der Bühne streiche. Vermutlich bilde ich es mir nur ein, aber das Eichenholz unter meinen Fingerspitzen scheint Energie auszustrahlen und sie durch meine Venen zu jagen, so als wäre das Holz selbst auf wundersame Weise von der Elektrizität all der Musiker erfüllt, die im Laufe der Jahre darauf gestanden haben. Echte Starenergie, greifbar und übertragbar. Ich kann nur hoffen, dass ein bisschen davon auf mich abfärben wird.

  »Was zum Teufel machst du hier?«

  Die barsche Stimme sorgt dafür, dass ich zusammenzucke. Ich reiße die Hand von der Bühne zurück, als hätte ich mich daran verbrannt, und wirbele herum, um mich dem Mann zu stellen, der hinter der Theke steht und mit einem fleckigen weißen Lappen ein Glas poliert. Er ist Ende sechzig, und sein kurz geschorenes schwarzes Haar wird bereits dünn. Seine Miene ist so einschüchternd, dass ich überrascht bin, dass ich nicht erschrocken zurückweiche, als meine weit aufgerissenen bernsteinfarbenen Augen auf seine zusammengezogenen braunen treffen.

  »Wir öffnen erst um siebzehn Uhr.«

  Ich nicke wie eine gedankenlose Marionette.

  »Bist du taub?«, schnauzt er und wirft den Lappen über seine mit einem schwarzen T-Shirt bekleidete Schulter, während er um die Theke herumkommt.

  »N… N… Nein«, bringe ich stammelnd hervor und weiche nicht zurück, als er auf mich zukommt.

  »Dann bist du also einfach nur dumm.«

  Ich schüttle den Kopf, um seine Worte zu widerlegen und klarer denken zu können. »Nein, Sir.«

  »Sir?« Er schnaubt. »Niemand hat mich je für einen feinen Herrn gehalten, also besteht kein Grund, jetzt damit anzufangen. Ich heiße Isaac.«

  »Isaac«, wiederhole ich. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Felicity Wilkes.«

  Ich zögere nur eine Sekunde lang, bevor der falsche Nachname über meine Lippen kommt. Ich glaube, es ist ihm nicht aufgefallen, und falls doch, bezweifle ich stark, dass es ihn kümmert.

  »Aha.« Seine Stimme ist tonlos. »Komm entweder heute Abend wieder, oder versuch es in einer der durchgängig geöffneten Bars an der Hauptstraße. Dort bekommst du so viel Tequila, wie du trinken, und so viele schlechte Coverversionen, wie du ertragen kannst.«

  »Ich bin nicht wegen einer Margarita hier.«

  Er zieht die Augenbrauen hoch. »Warum bist du dann hier?«

  »Ich suche einen Job.«

  »Wir nehmen keine neuen Sänger in unser Programm auf, wenn sie nicht vorher bei Wade, unserem Bühnenmanager, vorgesungen haben. Und als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war Wades Warteliste so lang, dass man erst in sechs Monaten wieder einen Termin bekommt. Ich schlage vor, dass du es in der Zwischenzeit bei Open-Mic-Abenden versuchst oder an einem der weniger beliebten Veranstaltungsorte anfängst.«

  Er wendet sich bereits ab.

  »Ich will nicht auftreten!«, rufe ich und zucke zusammen, als ich die Verzweiflung in meiner Stimme höre. Ich räuspere mich und bemühe mich um einen ruhigeren Tonfall. »Ich will nur eine dauerhafte Stelle als Kellnerin haben.«

  Er schaut zurück und wirft mir einen zweifelnden Blick zu.

  Ich hebe das Kinn an und halte seinem Blick stand, während er darüber nachdenkt.

  »Tut mir leid, Schätzchen. Ich stelle gerade niemanden ein.« Er mustert mich von Kopf bis Fuß und betrachtet meinen unordentlich geflochtenen Zopf, meine hageren Gliedmaßen in meinem zerknitterten abgetragenen Kleid und den abgenutzten Gitarrenkoffer, der neben mir auf dem Boden steht. »Und selbst wenn ich nach einer Kellnerin suchen würde, würde ich nicht dich engagieren.«

  »Warum nicht?«

  »Zum einen bist du jung. Junge Leute sind für gewöhnlich unzuverlässig.«

  »So jung bin ich nicht.«

  Er schnaubt verhalten. »Zweitens bist du eine Sängerin. Ich stelle nie Sänger ein. Das ist einer meiner Grundsätze.«

  »Das ist diskriminierend.«

  Wieder zieht er die Augenbrauen hoch. »Dann reich doch eine offizielle Beschwerde gegen mich ein. Ich zittere jetzt schon.«

  »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich nicht nach einer Anstellung als Sängerin suche.«

  »Denkst du, dass du die erste junge Frau wärst, die hier hereinspaziert kommt und darum bittet, kellnern zu dürfen, während sie mir versichert, dass sie dabei nicht den Hintergedanken hat, ihren Namen auf der Leuchtreklame und ihren Hintern auf diesem Barhocker zu sehen?« Er deutet mit dem Kinn in Richtung der Bühne hinter mir. »Ich bin schon sehr lange hier, Süße. Ich habe mehr Frauen kommen und gehen sehen, als du zählen kannst. Und diejenigen, die wie du aussehen, mit einem leicht wilden Ausdruck
um die Augen herum … Das sind die schlimmsten von allen. Sie sind verdammt unberechenbar. Flüchtiger als ein Furz in einem Orkan, wenn du mir den Ausdruck nachsiehst.«

  Ich schnaube. »Sie wissen gar nichts über mich.«

  »Ich kenne Sänger. Und Sänger jagen dem Rampenlicht besessener hinterher als sonst irgendwas. Es ist ihnen wichtiger als Beziehungen und persönliches Glück. Es ist ihnen wichtiger als ihre Familien, ihre Verpflichtungen, ihr gesunder Menschenverstand. Ruhm ist eine Droge, Schätzchen. Ich habe im Laufe der Jahre immer wieder gesehen, was er anrichten kann. Er ist stärker als Heroin und macht doppelt so süchtig … Und ich stelle keine Süchtigen ein.«

  Als ich diesen Vergleich höre, weicht sämtliches Blut aus meinem Gesicht. Mir ist plötzlich ganz schwindelig. Ich öffne den Mund, um ihm zu widersprechen, doch alles, was herauskommt, ist ein armseliges Quieken, während Gedanken durch meinen Kopf wirbeln.

  Du bist keine Süchtige.

  Du bist kein bisschen wie diese Leute.

  »Ach verdammt, schau mich nicht so an.« Isaac seufzt. »Das ist nichts Persönliches. Du magst ein sehr nettes Mädchen sein. Aber selbst nette Mädchen werden in dieser Stadt irgendwann verkorkst. Normalerweise ziemlich genau dann, wenn ihnen klar wird, dass man in der Musikszene für gewöhnlich nur dann ganz oben landet, wenn man es mit einem abgewrackten Plattenproduzenten auf dem Rücksitz seines Autos treibt. Willst du meinen Rat hören? Verschwinde, solange du noch kannst. Geh nach Hause. Kehr in das gemütliche Städtchen zurück, aus dem du gekommen bist, und entschuldige dich bei deiner Mama und deinem Daddy für dein kleines Abenteuer in der großen Stadt. Vergiss dieses Leben und den ganzen Mist, den es mit sich bringt.«

  Nach Hause gehen?

  Das ist keine Option.

  Ich balle die Hände zu Fäusten, während sich in meinem Inneren Wut entzündet. Ich mache einen Schritt nach vorn, bevor ich mich davon abhalten kann.

  »Zuerst einmal wüssten Sie, dass ich keine Sängerin bin, wenn Sie mal länger als eine Nanosekunde warten würden, bevor Sie sich ein Urteil über jemanden bilden. Ich habe kein Interesse daran, in dieser Stadt irgendwo zu landen, weder auf dieser Bühne noch auf dem Schoß irgendeines Idioten aus der Musikindustrie. Ich will nur als Kellnerin arbeiten und ein paar Lieder schreiben und ein wenig Geld ansparen.« Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. »Und zweitens werde ich nirgendwohin gehen, schon gar nicht zurück in das ›gemütliche Städtchen‹, aus dem ich gekommen bin. Ich habe fast mein ganzes Erspartes für die Busfahrkarte ausgegeben.«